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Werden Alkohol-Wegfahrsperren für Kommunalfahrzeuge verpflichtend?

Autor
Dr. Hans-Peter Obladen
Veröffentlicht
26.02.2020

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts standen im Jahr 2018 bei 13.447 Unfällen mit Personenschaden die Fahrenden unter Alkoholeinfluss. Das entspricht einem Anstieg um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fachverbände wie die Unfallforschung der Versicherer (UDV) und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) befürworten deshalb sogenannte Alkolocks und ihren flächendeckenden Einsatz.

Was ist ein Alkolock und wie funktioniert es?

Ein Alkohol-Interlock-System, kurz Alkolock, ist ein Gerät, das einen Alkoholmesser mit einer Wegfahrsperre koppelt. So soll sichergestellt werden, dass Menschen unter Alkoholeinfluss mit ihrem Fahrzeug gar nicht erst losfahren können. Es besteht aus dem eigentlichen Alkohol-Handmessgerät und einer mit der Motorzündung gekoppelten Steuereinheit, die unter dem Armaturenbrett verbaut ist. In das Handgerät pustet die Fahrerin oder der Fahrer vor dem Losfahren hinein. Die installierte Sensorik misst den Alkoholgehalt in der Atemluft. Liegt der Wert unter dem eingestellten Grenzwert (in Deutschland 0,5 Promille nach Ablauf der Führerschein-Probezeit), gibt die Steuereinheit das Anlasserrelais zum Starten des Motors frei. Liegt der Alkoholwert höher, verhindert das Steuergerät den Motorstart.

Wo werden Alkolocks bereits eingesetzt?

In Schweden wurden vor zehn Jahren 80.000 Fahrzeuge, unter anderem von Busunternehmen und Speditionen, mit Alkolock-Systemen ausgestattet. Nach erfolgreichen Tests gehören diese zur Standardausstattung in allen Behördenfahrzeugen. Ähnliche Trunkenheitsfahrerprogramme gibt es auch in Österrreich, Frankreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Australien und in den USA. In Frankreich sind Alkolocks zudem standardmäßig in Schulbussen verbaut. In Deutschland nutzen bereits einige Busunternehmen, Gefahrgutspeditionen, Logistikbetriebe und Taxiflotten Alkolocks. Auch viele andere Unternehmen statten ihre Firmenwagen mit Alkolock-Systemen aus.

Was kostet ein Alkolock?

Der Preis für ein Alkolock-System liegt zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Einbau und die Kalibrierung, die meist in Jahresabständen fällig wird. Aktuell gibt es deutliche Unterschiede im Angebot der Hersteller. Bei Iveco-, Mercedes-Benz-, ­Renault-, Scania- und Volvo-Lkw lässt sich eine Alkohol-Wegfahrsperre gleich für den neuen Truck mitbestellen, bei DAF und MAN dagegen nicht. Eine Nachrüstung ist jedoch immer möglich. In der EU ist ab 2024 für alle Neuwagen eine Schnittstelle vorgeschrieben, an die ein Alkolock-Gerät angeschlossen werden kann. Der Anschluss der Geräte ist jedoch nicht verpflichtend.

Werden Alkolocks akzeptiert?

Eine breite Mehrheit der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger befürwortet verpflichtende Alkohol-Wegfahrsperren in Fahrzeugen. Fast neun von zehn Deutschen (88 Prozent) sind der Meinung, dass Alkohol-Wegfahrsperren in Fahrzeugen für die gewerbliche Personenbeförderung wie Bussen oder Taxis obligatorisch sein sollten. 86 Prozent befürworten Wegfahrsperren in gewerblich genutzten Nutzfahrzeugen wie Transportern oder Lastkraftwagen. Das hat eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.002 Personen ab 18 Jahren ergeben.

Welche rechtlichen Hürden beschränken den Alkolock-Einsatz in Deutschland?

Die Bundesregierung hat den rechtssicheren Einsatz der Systeme im Koalitionsvertrag zwar angekündigt, bislang aber noch nicht umgesetzt. Ein Alkolock-Einsatz wie in den Niederlanden würde momentan gegen deutsches Recht verstoßen. Denn wer alkoholisiert ein Fahrzeug steuert, ertappt und verurteilt wird, gilt laut §3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) als „ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen“. Folgerichtig muss die Fahrerlaubnis entzogen werden, eine Ausnahme ist im StVG nicht vorgesehen. Für ein Pflicht-Alkolock müsste das Recht angepasst werden. Es bleibt daher bis auf Weiteres eine freiwillige Entscheidung von Führungskräften kommunaler Unternehmen, ob sie Alkolock-Systeme in ihre Fahrzeuge einbauen lassen.

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