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Aufbruch in eine neue Weiterbildungskultur

Autor
Dr. Hans-Peter Obladen
Veröffentlicht
09.11.2022

Mehr Qualifizierung und mehr Weiterbildung sollen das Fachkräfte-Paradox auf dem deutschen Arbeitsmarkt abmildern

Die Digitalisierung, der demografische Wandel und die ökologische Transformation der Wirtschaft krempeln die deutsche Arbeitswelt um. Laut des Fachkräftemonitorings der Bundesregierung sollen im Jahr 2026 rund 240.000 Arbeitsplätze unbesetzt bleiben. Die Gründe hierfür sind vielfältig und komplex: In einigen Branchen, vor allem im Handwerk, in sozialen Berufen, dem IT-Sektor und auch in Bereichen der Ver- und Entsorgung, gibt es bereits heute teils gravierende Personalengpässe. Industrie, Einzelhandel und Banken gehören zu denjenigen Bereichen, die durch die Digitalisierung und die damit einhergehende Automatisierung von einem Abbau an Arbeitsplätzen betroffen sein werden. Gleichzeitig benötigen viele Berufsfelder neues Wissen im Hinblick auf neuartige Technologien.

Auch Maßnahmen zum Klimaschutz nehmen Einfluss auf den Arbeitsmarkt, insbesondere auf die Baubranche sowie die Energie- und Gebäudetechnik. Hinzu kommt eine Nachwuchslücke insofern, als teils Auszubildende für die durch Übergang in den Ruhestand frei werdenden Arbeitsplätze fehlen. Strukturschwache Arbeitsregionen haben darüber hinaus auch noch verstärkte Fachkräfteengpässe, weil dort verhältnismäßig mehr ältere als junge Menschen leben.

Um die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmenden in Deutschland zu sichern und damit das „Fachkräfte-Paradox“ (d. h. eine Arbeitskräfteknappheit bei gleichzeitigem Arbeitskräfteüberschuss) zu verhindern, möchten die Partner des NWS Beschäftigte und Unternehmen zu mehr Weiterbildung und Qualifizierung ermutigen und sie dabei mit unterschiedlichen Instrumenten fördern.

Mit einem Qualifizierungsgeld für Unternehmen und Bildungs(teil-)zeit für Beschäftigte möchte die Bundesregierung Förderlücken schließen

Zwei Förderinstrumente der NWS sind das im Koalitionsvertrag vereinbarte „Qualifizierungsgeld“ für Unternehmen und eine öffentlich geförderte „Bildungs(teil-)zeit“. Ersteres soll die betriebliche Weiterbildung vor allem in Unternehmen stärken, die vom Strukturwandel betroffen sind, um Beschäftigte im Betrieb zu halten. Mit der Einführung einer Bildungs(teil-)zeit wird weiterbildungsinteressierten Personen in Aussicht gestellt, Auszeiten von bis zu einem Jahr für die Weiterbildung nehmen zu können. Beschäftigte sollen dabei auch die Möglichkeit haben, sich bis zu zwei Jahre in Teilzeit weiterzubilden.

Im Allgemeinen sollen die Beratung, die Förderung und Angebote im Hinblick auf Weiterbildungen leichter zugänglich werden. Des Weiteren zielt die NWS darauf ab, Kooperationen in Regionen und Branchen zu vertiefen, bestehende Weiterbildungskonzepte zu verbessern und digitale Weiterbildungsangebote zu stärken. Letzteres umfasst beispielsweise eine Nationale Online-Weiterbildungsplattform (NOW!) von der Bundesagentur für Arbeit, mithilfe derer sich Personen und Unternehmen hinsichtlich Weiterbildungsoptionen und Förderinstrumenten orientieren können.

Ein überraschend großer Anteil Beschäftigter der Ver- und Entsorgung empfindet sich für aktuelle Arbeitsaufgaben und künftige Herausforderungen als nicht ausreichend qualifiziert

Im Rahmen der EU-2030-Strategie möchte Deutschland eine Weiterbildungsbeteiligung von 65 Prozent erreichen. Laut des Statistischen Bundesamtes bieten etwas mehr als drei Viertel der Unternehmen ihren Beschäftigen Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung.

Eine von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Frühjahr 2022 bundesweit durchgeführte Umfrage mit 14.570 Beschäftigten von kommunalen und privaten Betrieben der Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft ergab, dass viele der Befragten jedoch nur unzureichend über Weiterbildungsangebote informiert werden. Vor allem kleine Betriebe würden selten fort- und weiterbilden. Zudem seien Qualifizierungen häufiger nur bestimmten Abteilungen oder Beschäftigtengruppen zugänglich. In der Umfrageauswertung legt ver.di dar, dass ein unerwartet großer Anteil der befragten Beschäftigten sich für die aktuellen Arbeitsaufgaben als nicht ausreichend qualifiziert wahrnimmt. Ein noch größerer Anteil der Befragten empfindet die eigene Qualifizierung als nicht ausreichend für künftige berufliche Anforderungen.

Auch in der Kommunalbranche muss ein Umdenken stattfinden

Vor allem kleine und mittlere Betriebe können meist aus zeitlichen und finanziellen Gründen wenig in Weiterbildung investieren. Bei den Arbeitnehmer/-innen besuchen bisher vor allem Geringqualifizierte deutlich weniger Weiterbildungen. Im September hatten wir beispielsweise darüber berichtet, dass Beschäftigte auf Wertstoffhöfen häufig als Quereinsteiger in den Beruf finden und sich ihr Wissen für gewöhnlich durch ‚Learning by Doing‘ aneignen müssen: https://kommunalwirtschaft.eu/blog/195-aus-den-akademien/1521-weiterbildungen-sollten-pflicht-sein.

Mit der NWS sollen künftig alle Teil der Weiterbildungskultur werden. Dies gelingt aber nur, wenn Betriebe der Qualifizierung von Beschäftigten einen höheren Stellenwert beimessen und im Sinne der NWS in ein Jahrzehnt der Fort- und Weiterbildung aufbrechen.

Für Beschäftigte aus unterschiedlichen Bereichen der Kommunalwirtschaft haben wir einige Lehrgänge konzipiert, die diesem Gedanken Rechnung tragen:

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie mehr zu einem unserer passgenauen Lehrgänge erfahren möchten.

Quellen

Inhaltsverzeichnis

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