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Betriebliche Integrationsbeauftragte bestellen

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Autor
Dr. Hans-Peter Obladen
Veröffentlicht
03.12.2015

Ich sehe diese Person als Vermittler. Die Belegschaften sehen Flüchtlinge und Asylsuchende vielleicht als Konkurrenten um die ohnehin schon weniger werdenden Arbeitsplätze. Der Prozess der Arbeitsverdichtung läuft unverändert in den Betrieben auf Hochtouren. Um einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu erhalten, müssen schon jetzt Arbeitnehmer mehrere Vorverträge durchlaufen und sich selbst vielfach bewährt haben. Da können leicht Ressentiments aufkommen, wenn Fremde auf einem anderen Gleis vorbeifahren und ohne größeren Anstrengungsaufwand Lohn und Brot finden. Vor allem ist innerbetrieblich jede Menge zu organisieren. Dies beginnt mit Einweisungen und Einsatzplanung und hat vor allem viel mit wirklicher Führung zu tun. Die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden in bestehende Arbeitsgruppen stellt für jede einzelne Person eine Herausforderung dar. Schließlich muss die Leistung auch weiterhin stimmen.

Wir haben vor kurzem auf einer Konferenz über Öffentlichkeitsarbeit darüber gesprochen, wie schwer Ausländern unser Umgang mit Abfällen und Wertstoffen fällt. Was gehört in welche Tonne? Unsere deutsche Abfallkultur mag Personen, die sich hier zum ersten Mal aufhalten, ziemlich komisch vorkommen. Aber um wie viel schwieriger ist es, die Regeln der Wirtschaft zu erläutern? Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer? Warum muss man sich an die Vorgaben der Arbeitssicherheit halten und darf diese nicht großzügig auslegen? Wo sind Regeln streng und was darf man locker sehen? Wenn aus Deutschland zeitweise Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern in den nahen oder fernen Osten oder sonst wohin entsandt werden, erhalten sie vorher Trainings in interkultureller Kommunikation. Trainings, wie wir ticken, haben die Flüchtlinge nicht erhalten. Integrationsbeauftragte können als Vertrauenspersonen erklären und helfen. Wir können nicht erwarten, aus dem Stand heraus verstanden zu werden. Wir können aber etwas dafür tun.

Ein großes Tätigkeitsfeld sehe ich bei allem, was mit Bürokratie zu tun hat: Wohnen, Bescheinigungen, Sprachunterricht, Kantine, Fahrscheine usw. Eine weitere Aufgabe stellt die Dokumentation und Berichterstattung dar. Die Integration ist ein wichtiges Thema. Es lohnt sich, darüber in der Öffentlichkeit zu informieren, lustige und erste Geschichten zu erzählen, einen Passus in den Geschäftsbericht aufzunehmen, vielleicht Kennzahlen über Kosten und Ertrag zu finden und vor allem innerbetrieblich auf Sitzungen Rede und Antwort zu stehen.

Apropos Finanzen. Integrationsbeauftragte sollten sich betriebsübergreifend vernetzen und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Welche Fördermöglichkeiten sind offen? Was klappt und was klappt nicht? Wie gehe ich mit übertriebener Zustimmung und mit vehementer Ablehnung um? Die Unsicherheit ist überall groß. Leider haben wir keine echte Zeit für Abwarten: wir müssen ins kalte Wasser springen und losschwimmen. Da hilft es sehr, wenn man etwas gemeinsam macht und gegenseitig auf sich achtet.

Die Idee des Integrationsbeauftragten folgt den Erfahrungen aus dem Change-Management. Immer wenn mehrere Organisationseinheiten verschmolzen werden, gibt es eine inhaltliche und eine kommunikative Dimension. Die Projektmanager kümmern sich ausschließlich um die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsprozesse. Die Transferbeauftragten konzentrieren sich auf das Menschliche. Sie verringern die Sorgen und stärken die Wahrnehmung auf die positiven Effekte.

Je nach Größe des Betriebs sind Umfang und Komplexität des Integrationsaufwands sicherlich unterschiedlich. Wichtiger finde ich im Moment das Grundsätzliche. Wie denken Sie darüber? Macht dieser Ansatz Sinn? Befürworten Sie ihn oder lehnen Sie ihn ab? Für jeden Kommentar bin ich dankbar.

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