Fünf vor zwölf: Weiterbildung wird immer notwendiger
Grund dafür ist die Studie „Beschäftigungsausblick 2019“, mit der die OECD auf einen dramatischen Wandel hinweist: Demnach sind mehr als 18 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland durch Automatisierung bedroht. Jeder fünfte deutsche Beschäftigte könnte in den nächsten 15 bis 20 Jahren durch Roboter und Software ersetzt werden. Dieser Strukturwandel wird Verlierer hervorbringen, da sind sich die Experten sicher. Beschäftigte, deren Fähigkeiten veraltet sind, droht schlicht die Arbeitslosigkeit. Die Arbeitsmarktexperten raten daher seit vielen Jahren dazu, lebenslang dazuzulernen, sich weiterzubilden oder vielleicht auch umschulen zu lassen.
Doch nicht überall sind diese Empfehlungen bisher auf offene Ohren gestoßen und auch die Einsicht der Bundesregierung kommt ziemlich spät: Die staatlichen Ausgaben für Weiterbildung sind in den letzten 20 Jahren um mehr als 40 Prozent gesunken, wie die Bertelsmann-Stiftung herausgefunden hat. Außerdem sah die Regierung bisher vor allem die Unternehmen selbst in der Pflicht, ihre Belegschaft fortzubilden. Entsprechend sind deren Ausgaben laut der Bertelsmann-Studie seit 1995 um knapp ein Viertel auf 11,1 Milliarden Euro im Jahr 2015 gestiegen. Zwar gibt es derzeit verschiedene unterstützende Maßnahmen von Bund und Ländern, jedoch bieten diese Förderungen für Beschäftigte und Arbeitgebende anscheinend immer noch zu wenig Anreiz, um Weiterbildungen zu nutzen.
Möglich ist auch, dass der Strukturwandel des Arbeitsmarktes unterschätzt wird, da in vielen Branchen die Folgen der technologischen Umwälzungen bisher noch nicht richtig zu spüren sind. Die Deutschen sind zudem von ihren eigenen sozialen und methodischen Kompetenzen überzeugt, wie die Ergebnisse einer europaweiten Untersuchung der Unternehmensberater von Deloitte gezeigt haben: Die Mehrheit der Angestellten ist sich sicher, nicht lebenslang lernen zu müssen, weil alle erforderlichen Kompetenzen bereits vorhanden seien. Problematisch ist aber vor allem, dass ausgerechnet diejenigen, deren Risiko, von Maschinen ersetzt zu werden, am größten ist, sich am wenigsten um Weiterbildung bemühen.
Hilfsarbeiter etwa rechnen kaum damit, dass sich ihr Arbeitsalltag in den kommenden Jahren verändern wird. Doch Experten erwarten, dass Küchenhilfen, Reinigungspersonal, Helfer, Arbeiter am Bau, in der Industrie und in der Logistik in Zukunft immer weniger beschäftigt werden. Für Arbeitnehmende in diesen Branchen wäre es also besonders wichtig, sich auf mögliche andere Jobs vorzubereiten, doch nur jeder Vierte gering qualifizierte Erwachsene absolviert eine Weiterbildung.
Das bisher sinkende finanzielle Engagement des Staates bei der Weiterbildung ist laut der zitierten Bertelsmann-Studie eine ernste Zukunftsbedrohung, insbesondere bei den Risikogruppen, die nicht oder nur in geringem Maße in der Lage sind, Weiterbildungskosten aus eigener Kraft zu tragen. Dies gelte umso mehr, weil finanzielle Anreizprogramme und Konzepte wie das Bildungssparen oder Bildungsgutscheine bisher hinter den Erwartungen zurückbleiben. Bertelsmann-Vorstand Dräger kritisiert, dass das zu Jahresbeginn in Kraft getretene Qualifizierungschancengesetz Hartz-IV-Empfängern zwar Zugang zu einer Weiterbildungsberatung gewähre, nicht aber zu dort möglicherweise empfohlenen Qualifizierungsmaßnahmen.
Höchste Zeit also, dass die Regierung Form und Zugang der Fördermöglichkeiten überdenkt, so dass die Unterstützung bei den Menschen tatsächlich ankommt. Genauso wichtig ist allerdings die Sensibilisierung für die grundsätzliche Notwendigkeit von weiterbildenden Maßnahmen. Dabei stehen nicht zuletzt die Unternehmen selbst in der Pflicht, wenn sie der Verantwortung für ihre Belegschaft gerecht werden wollen.
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